Doppelmoral

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Doppelmoral

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.

Dieser Spruch drängt sich mir seit einiger Zeit immer mal wieder auf.
Nicht nur beim Betrachten der weltlichen Geschehnisse.
Auch im persönlichen Umfeld oder in meinen Netzwerken beobachte ich immer wieder, wie Menschen mit zweierlei Maß messen.

Aber das ist ja auch erklärbar. Menschlich und nicht unbedingt mit böser Absicht.

Denn wenn man in einer Situation selbst betroffen ist, scheint oftmals der Blick getrübt, eher voreingenommen und der Horizont, der Lösungen versprechen könnte, im Nebel der Eitelkeiten und des eigenen Egos nur unscharf sichtbar zu sein.

Dann ist es einfach schwierig aus der eigenen Haut zu schlüpfen, Objektivität zu wahren oder die eigenen Muster, denen man unterliegt, rechtzeitig zu erkennen und sie in Schach zu halten.

Schaut man aber von außen auf einen Konflikt, eine bedrohliche Lage oder eine zu eskalieren drohende Begebenheit, so ist man distanzierter, kühler und respektabler in der Einschätzung.
Die persönliche Betroffenheit hält sich in Grenzen und das erlaubt einem den etwas weniger emotionalen Blick.

Das schafft Raum für mehr Offenheit, mehr Ausgeglichenheit, mehr Fairness und öffnet den Horizont, der für das Erreichen einer Lösung so elementar erscheint.

Mit Distanz erkennt man Wege, kann verschiedene Aspekte besser beleuchten und man kann im eigenen Werkzeugkasten kramen, um die richtigen Tools, das passende Wissen, die hilfreichen Erfahrungen auszupacken und an der richtigen Stelle anzusetzen.

Ich kenne die Blindheit, mit der man beschlagen ist, wenn es um eigene Konflikte geht, sehr gut.
Man fühlt sich gefangen in den eigenen Emotionen und sieht allzu gerne die Schuld auf der anderen Seite.

Aber ganz ehrlich: Geht es wirklich um die Schuldfrage?

Oder um Verantwortung?

Mir gefällt der Gedanke mit der Frage um Verantwortung viel besser. Der kann helfen, aus der Misere herauszukommen.

Verantwortung.

Die liegt auf allen Seiten. Dessen darf man sich bewusst werden.
Dann ändern sich plötzlich die Gedanken und die Sprachwelten.

Denn egal, was vorgefallen ist, ich trage mit Verantwortung, dass die Situation nicht eskaliert, sondern in ruhigeren Bahnen einer Lösung zugeführt werden kann.

Wenn ich mir bewusst darüber werde, was mir an der anderen Seite liegt, weshalb ich überhaupt noch rede, weshalb er oder sie noch mit mir redet – warum wir noch im Dialog miteinander sind, dann besteht Hoffnung.

Eine Paartherapeutin gab mir mal den folgenden, wertvollen Tipp:
Wenn sich wieder was zusammenbraut und auf dem eigenen Gleis mit Karacho der „gegnerische“ Zug entgegenkommt, so dass der Aufprall im Grunde unvermeidbar erscheint, so entdecke die Weiche vor dir!
Und erkenne deine Macht, diese Weiche zu benutzen, damit du mit deinem Zug rechtzeitig auf ein Nebengleis fahren kannst.
Tue es!

Und du wirst sehen, dass deine Sicht auf die Dinge sich damit verändern wird. Dass damit die Chance besteht, anders auf diese Situation, diese „Bedrohung“ zu blicken und du die Möglichkeit hast, anders zu reagieren, anders zu agieren.

Mir hat dieses Bild oft geholfen und ich konnte tatsächlich deeskalieren.

Die eigene Wichtigkeit mal hinten anzustellen, eine neutralere Brille aufzusetzen und den Moment mit anderen Augen zu sehen, ist sehr wertvoll und hilfreich.

Egal um welchen Konflikt es geht und welche Rolle wir dabei spielen.

Es wäre schön, wenn das nicht nur im Kleinen, sondern auch und insbesondere im Großen öfter passieren würde.
Wenn persönliche Eitelkeiten ihre Wichtigkeit verlieren und der Blick auf das große Ganze, den Sinn dahinter wieder erkennen lässt.