Urteilskraft
Es passiert schnell. Sehr schnell. Wir urteilen. Wir be- und verurteilen.
Das passiert auch schonmal in Millisekunden.
Aber auch nach längeren Prozessen erlauben wir uns immer wieder ein Urteil abzugeben.
Oder über jemanden zu urteilen.
Ohne oft auch nur im geringsten verstanden zu haben, über was wir da tatsächlich richten.
Wir haben uns ja ein Bild gemacht… aber…
—haben wir auch mit der betroffenen Person gesprochen?
Weshalb erlauben wir uns überhaupt zu urteilen?
Wieso wollen wir das überhaupt?
Warum legen wir Wert darauf, ein Urteil abzugeben?
Ist es ein fachliches Interesse?
Muss unserer Meinung nach ein Missverständnis ausgeräumt werden?
Gilt es jemanden zu verteidigen?
Sokrates hat mit seinen drei Sieben ein gutes Werkzeug parat – ich wandle es etwas ab:
- Ist etwas wahr?
- Ist etwas gut?
- Ist etwas notwendig?
Vielleicht kennen wir doch nicht alle Hintergründe, eventuell schätzen wir die Lage falsch ein und obendrein: Sind wir wirklich dazu berechtigt, über eine Sache oder einen Menschen zu urteilen?
Wir sollten uns in erster Linie darauf konzentrieren, unseren Kram gut und richtigzumachen. Und wenn wir urteilen, dann auf ausgewogener Basis, nie ohne Gespräch mit den Betroffenen und – vielleicht ist es sinnvoller nicht zu urteilen, sondern freundlich Rat anzubieten – wenn unsere Kompetenz, unsere Erfahrung und unser Kommunikationsstil dazu geeignet sind.
Zumeist, denke ich, wirkt es eher entspannend, wenn wir uns zurückhalten und unsere Klappe halten.
Respekt, Würde und Besonnenheit haben noch nie geschadet… und lassen uns souverän erscheinen, auch wenn es in uns anders ausschauen mag…
Dennoch: In einer Zeit, in der jeder zu allem und jedem glaubt etwas sagen zu müssen, kann es beruhigend sein, die Ruhe zu bewahren.