Durch den Schmerz gehen
Es tut sehr weh.
Sich eingestehen zu müssen, dass man sich getäuscht hat.
Dem Anderen zu gestehen, dass man sich getäuscht hat.
Da wo Liebe ist, ist der Schmerz nicht weit. Ist das so?
Im Alltäglichen vielleicht, da wo man ständig aufeinander trifft. Sich ständig begegnet, sich aushalten muss. Wenn man festhalten will, an dem gemachten Gelöbnis „In guten, wie in schlechten Zeiten“.
Mal gelingt es besser, mal weniger gut.
Ist die Liebe da, ist es leichter.
Ist die Liebe da, ist genug Gefühl, ist genug Sorge, ist genug Antwort auf ab und an quälende Fragen.
Ist die Liebe da, ist es gut.
Die Liebe trägt, komme was da wolle.
Sie ist die Wolke auf der man in glücklichen Tagen schwebt.
Sie ist der doppelte Boden, wenn es schwierig wird.
Sie ist Hoffnung, Zuversicht, Glaube, wenn die Sicht vernebelt scheint.
Was aber, wenn die Liebe schwindet?
Wenn das Gefühl, dass ursprünglich zu so überschwänglichen Denken, Fühlen und Handeln verantwortlich zeichnete, in der Intensität nachlässt.
Wenn dieser Schwund nicht ausgeglichen werden kann.
Wenn zu erkennen ist, dass man sich getäuscht hat. Sich vielleicht selbst getäuscht hat.
Wenn der Wunsch nach Liebe den klaren Blick verstellt hatte und man in einer Art Illusion lebte.
Das Schweben ist vorbei… man sucht danach… man findet aber nicht mehr…
Der Boden scheint plötzlich schwammig, die Festigkeit verliert sich in einem Nebel von Fragen…
Der bislang feste Weg plötzlich unterspült, weg geschwemmt scheint…
Die Stufen der gemeinsamen Träume nicht mehr begehbar sind, von Tränen überflutet, von Zweifeln überwuchert…
Hoffnungen lösen sich auf, der Glaube an die Zukunft bröckelt und die Zuversicht auf dem richtigen Weg zu sein, wird diffuser mit jedem Tag.
Was ist dann richtig?
Festhalten, man hat sich ja versprochen?
Festhalten, weil man Verantwortung trägt?
Festhalten, weil ein Loslassen nur Schmerz erzeugen würde?
Wenn die Liebe fehlt, bin ich für den Schmerz.
Denn an etwas festzuhalten, dass nicht mehr gegeben ist, führt auch zu Schmerzen. Vermutlich zu viel intensiveren Schmerzen und möglicherweise zu endlosen Vorhaltungen, Anklagen und Aggressionen.
Es zeigt sich mal wieder: Liebe ist keine Einbahnstraße, sie muss erhalten, gepflegt und gefördert werden… durch Offenheit, Klarheit und durch die Bereitschaft, auch über Ängste und Nöte und Intimes zu sprechen.
Sei einfühlsam, sei empfangsbereit, sei ehrlich. Zu dir selbst und zu deinem Partner, deiner Partnerin.
Sprich über deine Gedanken, deine Sorgen. Sprich über die Rätsel, die dir gerade gestellt werden, über die Fragen, die dich nachts quälen. Sprich.
Und am Ende ist es gut. Und ist es noch nicht gut, ist es noch nicht das Ende. Dann ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.